„Er malt nicht, er sprüht die Farbe auf die Wand“, stellt Philipp Heyne die Funktionsweise des MalerRoboters klar. Heyne ist einer von drei Gründern von ConBotics und in erster Linie mit der Hardwareentwicklung des Roboters beschäftigt. Für ihn stehen Fragen im Vordergrund, wie: Wie kann die Optik des Roboters verbessert werden? Wie soll er aufgebaut sein? Welche Funktionen sind wichtig oder können perspektivisch ergänzt werden? Seine Mitgründer Cristian Amaya Gómez und David Franke kümmern sich um die Geschäfts- sowie Softwareentwicklung. Zu Beginn ihrer Gründung ging es allen dreien zunächst darum, selbstständig tätig zu sein, Dinge dadurch umzusetzen und in der breiten Masse nutzbar zu machen. Dies war im Fraunhofer Institut, an dem alle drei zuvor tätig waren, nicht immer möglich. „Im universitären Bereich beschäftigt man sich oft mit komplexen Fragen und bringt ebenso komplexe Lösungen hervor. Wir wollten, dass die Dinge, die wir entwickeln, am Ende auch tatsächlich genutzt werden“, so Heyne. Das für sich größte Potenzial sahen sie in der Baubranche, da der Fachkräftemangel dort schwerwiegend ist. Dass zur späteren Kundengewinnung deutlich mehr gehört als ein gutes Produkt, sollte den Gründern erst später klar werden.
Der BPW als Sprungbrett
„Ganz ehrlich. Am Anfang haben wir gedacht, dass wir einen Roboter bauen und Betriebe ihn uns abkaufen, weil er ihnen die Arbeit enorm erleichtert. Schon nach Fertigstellung des ersten Prototyps haben wir gemerkt, dass das so nicht funktioniert. Es ging nicht mehr ‚nur‘ um den Bau eines Roboters, sondern den Aufbau eines Unternehmens. Entscheidend dafür sind das richtige Netzwerk und die Kenntnis der richtigen Vertriebswege. Ohne sie bringt einen auch das beste Produkt nicht weiter“, berichtet Heyne rückblickend. Durch die Teilnahme am BPW 2021 sollte das junge Startup gleich zu Beginn beides geliefert bekommen. „Der BPW“, erinnert sich Heyne, „hat uns dahingehend unheimlich viel gebracht“. Konkret bedeutet dies Unterstützung bei der Erstellung eines Businessplans sowie enorm wertvolles Feedback. Auch die Erstellung eines Business Model Canvas war für die Gründer von ConBotics eine Bereicherung – um zu verstehen, wie der Organismus Unternehmen überhaupt funktioniert und wie mögliche Vertriebswege aussehen könnten. Es eröffnete sich ein Blick aus der Makroperspektive: Wer stellt was her? Wohin wird es geliefert? Wo wird es gelagert? Wie läuft der Transport zum Kunden ab? Was passiert im Wartungsfall? „Besonders schwierig gestaltete sich für uns am Anfang die Marktrecherche“. Wer ist die Konkurrenz eines MalerRoboters? Der Maler oder die Malerin? Sind es die Kunden selbst? Gibt es gar keine direkte Konkurrenz? Wie geht man überhaupt eine Recherche für einen Markt an, der eigentlich noch gar nicht existiert? Wie könnte das Preismodell aussehen? Fragen, die im Rahmen von Workshops und durch die Vernetzung mit Expertinnen und Experten beantwortet wurden. „Der BPW war für uns ein echtes Sprungbrett. Auch der Videodreh im Rahmen der damaligen Preisverleihung war eine große Hilfe, da unser Roboter für potenzielle Kunden so deutlich plastischer wurde“, so Heyne. Mittlerweile steht der Roboter kurz vor der Markteinführung.
Umso einfacher, umso besser!
Aktuell wird der Roboter in einer Pilotprojektphase mit Bauunternehmen und Malerbetrieben getestet, um das um System zu validieren, Fehler zu beheben und Details zu verbessern. Im April 2024 ist es dann so weit. Auf der FAF – der Leitmesse für Fassadengestaltung und Raumdesign – wird der fertige Roboter der Öffentlichkeit vorgestellt. Bis dahin will das Startup, das mittlerweile 16 Personen beschäftigt, insgesamt fünf Systeme aufbauen, die für Projekte und von Betriebspartnern genutzt werden können. „Wir wollen Fachkräfte mit unserem Roboter in ihrer Tätigkeit unterstützen, vor allem bei jenen Tätigkeiten, die monoton und körperlich anstrengend sind. Aus unserer Sicht ist der Roboter kein Ersatz für Malerinnen und Maler, sondern ein Werkzeug – eine dritte Hand – die es Fachkräften erlaubt, sich auf Detailarbeiten zu konzentrieren“, so Heyne. Vor allem, weil er durch sein geringes Gewicht von gerade einmal 130 Kilogramm flexibel einsetzbar und leicht zu bedienen ist.
Durch seine modulare Aufbauweise ist er darüber hinaus beliebig erweiterbar, wodurch sich perspektivisch auch weitere Anwendungsfelder ergeben. „Aktuell kann der Roboter in erster Linie dazu genutzt werden, Farbe aufzutragen. Über das Sprühen von Farbe hinaus ist auch das Sprühen von Spachtelmasse beispielsweise im Trockenbau denkbar. „Im kommenden Jahr wollen wir uns zunehmend auf Anwendungen am Boden konzentrieren“, erzählt Heyne und ergänzt: „Die modulare Aufbauweise des Roboters erlaubt es, ein Modul zu installieren, durch das Beschichtungen aufgetragen werden können – beispielsweise bei Parkdecks oder Dächern. Auch das körperlich sehr anstrengende Schleifen von Decken und Wänden könnte zukünftig durch den Roboter erledigt werden. „Im Fokus“, betont Heyne, „steht bei uns die Prämisse ‚Umso einfacher, umso besser‘. Wir sehen den Roboter als Erweiterung von Möglichkeiten und wollen Betrieben den Arbeitsalltag damit erleichtern“. Ob das Startup den Weg der Gründung noch einmal gehen würde? „Wenn man vorher wüsste, was für Aufgaben auf einen zukommen, würde man es sich zweimal überlegen. Ein bisschen Naivität ist in jedem Fall dabei. Am Ende wächst man aber in jedem Fall in die Rolle hinein“.