Ist das Kunst oder kann das weg? Diversität wird von vielen noch immer als neumodische Erscheinung betrachtet, die Menschen dazu nutzen, um aufzufallen. Ist das Thema mit dem Hintergrund permanenter weltpolitischer Krisen wirklich so wichtig? Ja, ist es! Gerade weil Diversität keine Besonderheit ist. Mit ihr ist zunächst nichts weiter gemeint, als die Vielfalt oder Verschiedenartigkeit von Merkmalen, Eigenschaften und Elementen innerhalb einer Organisation, Gruppe oder der Gesellschaft. In einem Satz: Jeder Mensch ist einzigartig und sorgt damit für Vielfalt in unserer Gesellschaft. In einer global vernetzten Welt, die ohne internationale Beziehungen gar nicht funktionieren würde, ist Diversität deshalb kein Modethema, sondern Normalität. Allein in Deutschland hat statistisch gesehen knapp jeder vierte Mensch eine Migrationsgeschichte und jeder zehnte eine schwere Behinderung. Jeder dreizehnte Mensch und damit in etwa 6,4 Millionen Menschen bezeichnen sich selbst als Teil der LGBTQI+-Community. Ein noch immer bestehendes Paradoxon: Führungspositionen werden in Deutschland in 70,1 Prozent der Fälle von Männern besetzt. Sogar 91 Prozent der Führungskräfte werden von Personen besetzt, die keinen Migrationshintergrund haben. Mit anderen Worten: Die Arbeitswelt ist alles andere als ein Spiegelbild der Gesellschaft.
Diversität als Katalysator für Produktivität
Was spricht für die Etablierung einer diversen Unternehmenskultur, also einer Kultur, in der Vielfalt begrüßt und gefördert wird? In wenigen Punkten zusammengefasst: Diversität erhöht die Bindung der Mitarbeitenden, verbessert die Zusammenarbeit, steigert die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und reduziert damit die Fluktuation. In einer Gallup-Studie gaben 83 Prozent der Millennials an, dass sie sich aktiver engagieren, wenn sie glauben, dass ihr Unternehmen eine integrative Arbeitsplatzkultur fördert. Eine altersgemischte und multikulturelle Belegschaft bringt zudem ein breiteres Spektrum an Wissen, Fähigkeiten und neue Perspektiven in die Organisation, wodurch Kreativität und Innovationskraft zunehmen. Eine Studie der Boston Consulting Group zeigt auf, dass der Umsatz durch gesteigertes Innovationspotenzial in diversen Unternehmen um 19 Prozent steigt!
Möglich machen dies vor allem äußere Faktoren, die durch Diversität beeinflusst werden. Start-ups, die bewusst vielfältig aufgestellt sind und sich zu Diversität bekennen, werden zum Magneten für Young Professionals, die gut ausgebildet und hochmotiviert sind. In einer Diversity-Studie von Stepstone gaben 70 Prozent von 11.000 Befragten an, dass divers besetzte Chefetagen die Motivation stärken. Vielfältige Unternehmen ziehen in der Folge Menschen mit vielfältigen Eigenschaften an. Die daraus entstehenden vielfältigen Teams können sich besser in die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen hineinfühlen und dadurch neue Märkte erschließen, die sonst verschlossen geblieben wären.
Wie lässt sich Diversität im Unternehmen integrieren?
Gerade zu Beginn einer Gründung gilt es zu arbeiten wie ein fleißiges Bienchen – viel, lang und am besten jeden Tag, um endlich Fuß zu fassen und die eigene Idee am Markt zu etablieren. Da bleibt nicht viel Zeit, um sich nach links oder rechts umzuschauen. An ein langfristiges Diversity-Management ist erst recht nicht zu denken. Vor allem Tech-Start-ups stehen häufig wegen mangelnder Diversität in der Kritik. Für sie und auch alle anderen Start-ups stellt sich deshalb die Frage: Wie macht man den ersten Schritt hin zu mehr Vielfalt, wenn man bereits läuft und läuft, um den Markt zu erobern?
Ab einem gewissen Punkt ist es sinnvoll, ein sogenanntes Diversity Managament als Teil des Personalmanagements zu etablieren, dessen Ziel es ist, die soziale, kulturelle und ethnische Vielfalt zu fördern und zum Wohl des Unternehmens beizutragen. Dies kann dank folgender Schritte in beliebiger Reihenfolge geschehen:
Schritt 1: Erkennen, dass Diversität, New Work und Nachhaltigkeit zusammengehören, um erfolgreich zu sein und dementsprechende Angebote machen: Flexible Arbeitszeitmodelle (4-Tage-Woche, Workation, Sabbaticals & Co.), die zur Work-Life-Balance beitragen.
Schritt 2: Stellenanzeigen im Recruiting-Prozess anpassen und das Auswahlverfahren vorurteilsfrei gestalten. Zum Abbau von Vorurteilen können beispielsweise „Unconscious-Bias-Trainings“ angeboten werden. Mehr zum Thema liest du in diesem Beitrag.
Schritt 3: Das Anbieten von Diversitäts- und Inklusions-Trainings, um die Mitarbeitenden auch mit- und untereinander für das Thema zu sensibilisieren. Darüberhinausgehend können interkulturelle Teams gebildet werden, die sich mit ihren Erfahrungen gegenseitig befruchten.
Schritt 4: Die Einrichtung alters- und behindertengerechter Arbeitsplätze.
Schritt 5: Das Anbieten von Sensibilisierungskursen und das Bestimmen einer Vertrauensperson, um die Toleranz von sexueller Identität und Orientierung zu fördern.
Schritt 6: Die Förderung von Eltern und Alleinerziehenden durch flexible Arbeitszeiten, die Möglichkeit zu Remote Work, Teilzeitangebote oder Zusatzleistungen pro Kind.
Diese Schritte dienen nur als erster Hinweis auf das Herstellen einer diversen Unternehmenskultur, die es mittelfristig unbedingt zu etablieren gilt, um am Markt erfolgreich zu sein. Letztlich ist Diversität im unternehmerischen Kontext nämlich nichts weiter als die Verlängerung der Bedürfniswahrnehmung externer Kundinnen und Kunden auf interne Prozesse. Egal ob Start-up oder etabliertes Unternehmen, sie alle legen großen Wert auf ihre Kundschaft, gehen auf individuelle Anliegen ein und versuchen ihre Leistung für jede und jeden möglichst passgenau umzusetzen. Nichts anderes gilt es auch im Umgang miteinander zu tun: Auf Bedürfnisse zu hören, Ansichten wahrzunehmen und Individualität vollends zu akzeptieren und in den Prozess zu integrieren, um am Ende gemeinsam erfolgreich zu sein.